PILZWELT
Citizen Science & Education
11.10.2025 — 10 bis 17 Uhr — Vortragssaal des Naturhistorischen Museums Wien
Das Reich der Pilze fasziniert – und fordert zugleich unser Denken heraus.
Komplexe ökologische Zusammenhänge, eine dynamische Forschungslage und bislang wenig verankerte Lehrmaterialien machen es schwer, Pilze in Bildung und Gesellschaft nachhaltig sichtbar zu machen. Doch genau hier setzen wir an: Wir verbinden wissenschaftliche Erkenntnisse mit kreativen und alltagsnahen Vermittlungsformaten – und thematisieren, wie die Welt der Pilze für alle erfahrbar gemacht werden kann. Am 11. Oktober widmen wir uns ganz der Frage, wie Bildung rund um Pilze gelingen kann. Im Mittelpunkt stehen zukunftsweisende Ansätze aus Schule, Hochschule und Citizen Science. Von innovativen Lehrmethoden über partizipative Forschungsprojekte bis hin zu Initiativen in urbanen Communities – dieser Tag zeigt, wie Funga zum Bildungswerkzeug für Nachhaltigkeit, Gemeinschaft und Neugier wird.
Ein Event für Lehrende, Forschende, Wissensvermittler:innen – und für alle, die Pilze zum Teil eines neuen Bildungsverständnisses machen wollen.
Foto: Christina Rittmannsperger
Programm
Start: 10 Uhr
Vormittag (Deutsch)
— Ulrich Hobusch & Studierende: Pilze, Boden und Gesundheit im Schulunterricht
— Katharina Bauer: Mit Nützlingen lernen – Einblicke aus der Praxis
— Ina Schanz: Pilzkenner:innen in Deutschland: eine bedrohte Spezies?!
— Melissa Acker: Materialbasiertes Entwerfen mit Pilzmyzel – Vom Materialexperiment zum Architektur-Konzept
— Wolfgang Hindertobler: Warum wir Pilze endlich richtig verstehen müssen
Mittagspause: 13 bis 14 Uhr
Nachmittag (Englisch)
— Philipp Hummer: SPOTTERON und die Pilzfinder-App
— Pamela Shor: Mycelium Cultivating Sustainable Communities
— Lee Davies: A 21st Century Fungarium
Veranstaltungsort
Der Vortragssaal des Naturhistorischen Museums Wien befindet sich im Erdgeschoss des Museumsgebäudes am Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien. Er ist über den Haupteingang zugänglich.
Speaker

Vortrag: Pilze, Boden und Gesundheit im Schulunterricht
Wie lassen sich komplexe ökologische Zusammenhänge wie Bodengesundheit und Pilzvielfalt sinnvoll und wirkungsvoll in den Schulunterricht bringen? Dieser Frage widmet sich Ulrich Hobusch, Lehrender an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik, in seinem Vortrag.
Er stellt das Projekt „One Health Teaching Clinic“ vor – eine Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, gesellschaftlich relevante Wissenschaftsthemen greifbar und erfahrbar zu machen. Im Fokus: neue didaktische Zugänge, mit denen sich Themen wie Pilze, Boden und Gesundheit auf lebendige Weise in den Unterricht integrieren lassen.
Außerdem werden zwei Studierendengruppen aus Graz und Münster von ihrem konkreten Bildungsprojekt berichten. Im Rahmen eines Seminars haben sie eine Schulintervention zum Thema „Pilze & Bodengesundheit“ geplant, durchgeführt und begleitet – inklusive kleiner Forschungssequenzen im Klassenzimmer.
In diesem Vortrag teilen sie ihre Konzepte, Materialien und Ergebnisse – und zeigen, wie Wissenschaft, Lehre und gesellschaftliche Wirkung miteinander verwoben werden können.

Vortrag: A 21st Century Fungarium
The Kew Fungarium has a over a million specimens spanning 200 years. Time, taxonomy, and techniues may have changed, but every one of those specimens is as valuable today as it was when originally collected. Hear how the Fungarium grows, how it is used, and how it will be used long into the future.

Vortrag: Materialbasiertes Entwerfen mit Pilzmyzel – Vom Materialexperiment zum Architektur-Konzept
Melissa Acker absolvierte ihr Diplom in Industrial Design an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Bereits während des Studiums entwickelte sie eine Leidenschaft für Projekte mit sozialem und ökologischem Mehrwert. Als Produkt- und Interior Designerin sowie Sustainable Materials Managerin engagierte sie sich in internationalen Unternehmen und lokalen Designagenturen für den verstärkten Einsatz nachhaltiger Materialien.
Seit 2021 ist sie Akademische Mitarbeiterin am Masterstudiengang Innenarchitektur der Hochschule für Technik Stuttgart tätig, wo sie zu alternativen Materialien in Design und Architektur lehrt und forscht. 2023 initiierte und baute sie dort das „Myco Lab – Labor für Pilzwerkstoffe“ auf, das Studierenden einen niederschwelligen Zugang zur Myzelforschung bietet. 2022 gründete sie das studio sustainable matter, das interdisziplinär im Spannungsfeld von Produktdesign, Raumgestaltung und Materialforschung agiert. Neben Materialrecherche und -beratung werden dort nachhaltige Gestaltungskonzepte entwickelt, um eine neue Wahrnehmung und Wertschätzung von Ressourcen zu fördern und den innovativen Einsatz von Materialien im Kontext der Klimakrise voranzutreiben.
In ihrem Vortrag stellt Melissa Acker die Methode des materialbasierten Entwerfens vor – eine Herangehensweise für Lehrforschungsprojekte, bei der nicht ein fertiges Konzept, sondern das Material selbst den Ausgangspunkt bildet. Studierende beginnen hands-on mit dem Material: Sie erforschen seine Eigenschaften, testen Grenzen und lassen sich von dessen Reaktionen inspirieren. So entsteht ein unmittelbares, forschendes Lernen, das kreatives Denken und praxisorientiertes Handeln verbindet.
Anhand von Projektbeispielen zeigt sie, wie Studierende Myzel zunächst im kleinen Maßstab erproben – von der Herstellung, über das Verständnis von Wachstumsprozessen, bis hin zu Materialverhalten und Verarbeitungstechniken. Daraus entwickeln sich architektonische Konzepte, in denen Myzel beispielsweise als Dämmstoff eingesetzt wird.
Das Myco Lab arbeitet interdisziplinär und vernetzt sich mit Partner:innen wie dem Fraunhofer-Institut. Ein Beispiel für institutionsübergreifende Zusammenarbeit ist die Installation „Flucht in den Schatten“, entstanden in Kooperation mit der Universität Stuttgart und der TH Deggendorf für die Ausstellung keep cool! parallel zur diesjährigen Architektur-Biennale in Venedig. Sie zeigt, wie Pilzmyzel als organische, schattenspendende Struktur zur Anpassung an urbane Überhitzung beitragen kann – und verbindet damit Kunst, Design und Wissenschaft um neue, nachhaltige Strategien gegen die Folgen des Klimawandels zu entwickeln.
Der iterative Prozess – vom Materialexperiment bis zur Anwendung im Maßstab 1:1 – macht die gestalterischen Potenziale von Myzel greifbar und schärft das Bewusstsein für Materialkreisläufe und Ressourcenschonung. Der Vortrag verbindet Materialforschung, Designpraxis und Nachhaltigkeit und zeigt, wie Materialien im Gestaltungsprozess zu aktiven Bestandteilen werden können – eine Erfahrung, die Wissen, Kreativität und Nachhaltigkeitskompetenz gleichermaßen stärkt.

Vortrag: Mycelium Cultivating Sustainable Communities
Explore how mushrooms and mycelium can help us grow more than food—they can help us regenerate soil, reduce waste, and reconnect communities. This session dives into accessible mushroom cultivation using recycled materials, and how these practices can be brought into schools, gardens, and community spaces.
Learn how to:
- Grow edible mushrooms with low-tech, low-cost methods
- Use fungi to improve compost and soil health
- Turn waste streams into growing opportunities
- Integrate mushrooms into education and community food projects
- Use the mycelium network as a model for sustainability and connection
Whether you’re a teacher, grower, or fungi enthusiast, you’ll leave with practical tools and fresh ideas to cultivate change—one mushroom at a time.

Vortrag: Mit Nützlingen lernen – Einblicke aus der Praxis
Wie kann man schon mit jungen Kindern ökologisches Bewusstsein stärken und sie für die verborgenen Helfer in Boden und Garten begeistern? Katharina Bauer, Lehrerin an der Praxisvolksschule der PH Niederösterreich und ÖKOLOG-Koordinatorin, berichtet aus der Praxis.
Im Rahmen eines Projekts mit „Finde dein Nützling“ arbeitete sie mit Volksschulkindern an der spielerischen Erforschung von Nützlingen – von der Beobachtung über kreative Zugänge bis zur gemeinsamen Reflexion. Sie erzählt, wie der Ablauf gestaltet wurde, welche Methoden besonders gut funktionierten – und was sie aus dem Projekt mitgenommen hat.
Ein Kurzvortrag voller konkreter Erfahrungen, ehrlicher Learnings und wertvoller Tipps für alle, die Umweltbildung in der Schule lebendig, alltagsnah und wirksam gestalten möchten.

Vortrag: SPOTTERON und die Pilzfinder App – eine interaktive Plattform für Citizen Science und mykologische Beobachtungen
Die SPOTTERON Citizen Science & Monitoring App Plattform (www.spotteron.net) ermöglicht Menschen, mittels interaktiver Smartphone Apps in Projekten aus der Wissenschaft und von NGOs direkt mitzuwirken. In der Pilzfinder App, die auf SPOTTERON läuft, können Teilnehmer*innen Pilzfunde auf Karten beitragen, digital sammeln, und sich in der User*innen-Community austauschen. Philipp Hummer stellt die Pilzfinder App und die SPOTTERON Plattform vor, und präsentiert die Zusammenarbeit zwischen Gesellschaft und Wissenschaft, sowie die interaktive Wissenschaftskommunikation im Projekt. Mehr zur App & Downloads zum Mitmachen: https://www.spotteron.net/de/citizenscience-apps/globale-community-science-projekte/pilzfinder-mykologieapp

Vortrag: Pilzkenner:innen in Deutschland – eine bedrohte Spezies?!
Wie gut kennt sich die Bevölkerung in Deutschland mit Pilzen im Allgemeinen und mit heimischen Pilzarten aus? Und welche Einfussfaktoren stehen im Zusammenhang mit der mykotischen Species Literacy?
Ina Schanz, Lehrerin am Stefan-Andres-Gymnasium Schweich und abgeordnete Lehrkraft an der Universität Trier, berichtet von ihrer in der Bevölkerung in Deutschland durchgeführten Studie. Auf der Grundlage der Erkenntnisse stellt sie abzuleitende Implikationen für den Bildungskontext wie zum Beispiel die Integration mykotischer Themen in Lehr- und Bildungspläne oder Lernangebote im Rahmen von Citizen Science dar.
Ina Schanz absolvierte 2007 ihr erstes Staatsexamen in Biologie und Anglistik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und unterrichtet seitdem im gymnasialen Schuldienst die Fächer Biologie bilingual, Naturwissenschaften und Englisch. Im Jahr 2010 legte sie ihr zweites Staatsexamen ab und unterrichtet seit diesem Zeitpunkt am Stefan-Andres-Gymnasium in Schweich.
Seit 2021 ist sie neben ihrer schulischen Tätigkeit als abgeordnete Lehrkraft an der Universität Trier in der Einheit „Biologie und ihre Didaktik“ in Lehre und Forschung tätig. Ihr Hauptanliegen ist es hierbei, biologiedidaktische Forschung und praktische Erfahrung zu gewinnbringend zu verknüpfen.
Im Jahr 2024 hat sie ihre Promotion in Biowissenschaften (Biologie und ihre Didaktik) begonnen. In diesem Rahmen erforscht sie die Species Literacy und deren Einflussfaktoren.

Wolfgang Hinterdobler ist begeisterter Naturwissenschaftler und Biotechnologe. Das Studium der Botanik an der Universität Wien ermöglichte Wolfgang einen Forschungsaufenthalt in der Tropenstation La Gamba in Costa Rica. Hierbei untersuchte er Inhaltsstoffe von tropischen Pilzen, die mit Pflanzen in Symbiose leben. Fasziniert von den komplexen Interaktionen zwischen Pilzen und Pflanzen setze er seine Arbeit am AIT Austrian Institute of Technology fort und promovierte zum Thema „Chemische Kommunikation von Pilzen“ an der Technischen Universität Wien.
Dieses Know-How möchte Wolfgang für die Entwicklung und Umsetzung von nachhaltigen und ressourcenschonenden Projekten einsetzen. Mit der Gründung von MyPilz macht er eine lebenslange Faszination zum Beruf.
Foto: Lukas Hof


